Verbotenes Kfz-Rennen bei Polizeiflucht
UrteileUrteil zu § 315d StGB Unerlaubtes Kfz-Rennen bei Polizeiflucht
Amtsgericht Waldbröl, vom 14.01.2019, Az: 40 Ds 536/18
1. Leitsatz:
Wer anlässlich einer Verfolgungsfahrt durch die Polizei seinen PKW über eine nicht nur kurze Strecke weit über die zulässige Höchstgeschwindigkeit beschleunigt, erfüllt regelmäßig den Tatbestand des § 315d Abs.1 Nr. 3 StGB.
Wer im Straßenverkehr
1. ein nicht erlaubtes Kraftfahrzeugrennen ausrichtet oder durchführt,
2. als Kraftfahrzeugführer an einem nicht erlaubten Kraftfahrzeugrennen teilnimmt oder
3. sich als Kraftfahrzeugführer mit nicht angepasster Geschwindigkeit und grob verkehrswidrig und rücksichtslos fortbewegt, um eine höchstmögliche Geschwindigkeit zu erreichen,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. § 315d StGB
2. Tenor:
Der Angeklagte ist schuldig des vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in Tateinheit mit fahrlässiger Gefährdung des Straßenverkehrs in Tateinheit mit verbotenem Kraftfahrzeugrennen.
3. Sachverhalt:
Der Angeklagte befuhr am 23.08.2018 nachts gegen 03:35 Uhr mit einem PKW der Marke XXX, amtliches Kennzeichen XY (einem Kompakt-SUV) in alkoholbedingt fahruntüchtigem Zustand öffentliche Straßen in A.
Als das Fahrzeug des Angeklagten in A polizeilich kontrolliert werden sollte und er den Streifenwagen bemerkte, beschleunigte der Angeklagte seinen PKW auf eine Geschwindigkeit von ca. 125 bis 130 km/h.
Trotz Anhaltezeichen der Polizei, die der Angeklagte wahrnahm, beschleunigte er den PKW weiter. Er gab laut Aussage seines Beifahrers, des Zeugen B1, „voll Stoff“. Obwohl der Beifahrer versuchte, den Angeklagten zu beruhigen, fuhr dieser immer schneller weiter (er erreichte eine Geschwindigkeit von ca. 150 bis 160 km/h), bis er nach ca. 3 km Fahrt auf der Landstraße von der Fahrbahn abkam, ins Schleudern kam und verunfallte, sodass das Fahrzeug auf die Seite kippte.
Die Untersuchung der dem Angeklagten am Tattag um 05:09 Uhr entnommenen Blutprobe ergab eine Blutalkoholkonzentration von 1,79 Promille.
4. Begründung § 315d StGB:
Der Angeklagte hat den Tatbestand des § 315d Abs. 1 Nr. 3 StGB erfüllt, denn er hat sich mit nicht angepasster Geschwindigkeit und grob verkehrswidrig und rücksichtslos fortbewegt, um eine höchstmögliche Geschwindigkeit zu erreichen. Dass er trotz der Beruhigungsversuche seines Beifahrers seinen PKW weiter beschleunigte, belegt seine Rücksichtslosigkeit.
Der Angeklagte hatte auch die Absicht der Erzielung einer höchstmöglichen Geschwindigkeit. Sein Ziel war es, dem verfolgenden Streifenwagen zu entkommen, dies konnte er in seiner Vorstellung nur durch Wegfahren mit höchstmöglicher Geschwindigkeit erreichen.
Aus Sicht des Gerichts sind Fälle wie der vorliegende, in denen bei einer polizeilichen Verfolgung nur ein Kraftfahrzeug unerlaubt mit nicht angepasster Geschwindigkeit fährt, vom neuen § 315d Abs. 1 Nr. 3 StGB erfasst.
Eine solche Fahrweise ist vergleichbar gefährlich mit der Teilnahme an einem Kraftfahrzeugrennen im Sinne des § 315d Abs. 1 Nr. 2 StGB. Bei einer Fluchtfahrt wird der Fahrer regelmäßig bei hoher Geschwindigkeit unter Missachtung der Geschwindigkeitsbegrenzungen (und anderer Regeln, wie z.B. Rechtsfahrgebot, Vorfahrtszeichen oder Ampeln) seine Fahrt durchführen und dabei zugleich immer wieder auch nach hinten orientiert sein (insbesondere durch häufige Spiegelblicke), um den Standort des Verfolgerfahrzeugs zu erkennen. Dies ist eine erhebliche abstrakte Gefahr für alle anderen Verkehrsteilnehmer.
Der Angeklagte ist schuldig des vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in Tateinheit mit fahrlässiger Gefährdung des Straßenverkehrs in Tateinheit mit verbotenem Kraftfahrzeugrennen, §§ 315c Abs. 1 Nr. 1a und Abs. 3 Nr. 2, 315d Abs. 1 Nr. 3 und Abs. 2 und Abs. 4, 52 StGB, 21 Abs. 1 Nr. 1 StVG.
5. Strafe:
Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu je 15,00 Euro und eine Fahrerlaubnissperre von 9 Monaten.
Bei der Strafzumessung hat das Gericht strafmildernd vor allem bedacht, dass der Angeklagte geständig war. Die Fahrtstrecke war relativ kurz, die Tat geschah nachts und im ländlichen Verkehrsraum.
Straferschwerend wurde demgegenüber bedacht, dass der Angeklagte gleich gegen mehrere Straftatbestände mit unterschiedlichem Schutzzweck verstoßen hat.
6. Beachte:
Es gibt eine andere Auffassung im Strafrechtskommentar „Schönke/Schröder“, 30. Auflage 2019, § 315d StGB, Rn. 9.