§ 315d StGB Verbotene Kraftfahrzeugrennen

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Änderung des Strafgesetzbuches zum 01.10.2017. Mit dem neuen § 315d StGB werden verbotene Kraftfahrzeugrennen unter Strafe gestellt.

Da es sich um einen sehr umfangreichen Paragrafen handelt, haben wir die Inhalte auf zwei Beiträge aufgeteilt. Teil 1 beleuchtet die drei Begehungsarten in Absatz 1, Teil 2 die Strafschärfung in Absatz 2.

1. Allgemeines zu Kraftfahrzeugrennen

Der § 29 StVO regelte bis zum 30.09.2017 verbotene Rennen als eine Form der übermäßigen Straßenbenutzung. Verstöße gegen das Verbot wurden als Ordnungswidrigkeiten geahndet und eine Geldbuße von 400 Euro und ein einmonatiges Fahrverbot für den Fahrer und 500 Euro Bußgeld für den Veranstalter vorsah.

Das verbotene Kraftfahrzeugrennen konnte nur dann als Straftat verfolgt werden, wenn Menschen zu Schaden gekommen waren (fahrlässige Körperverletzung) oder ein Verstoß nach § 315c StGB (Straßenverkehrsgefährdung) vorlag. Diese Lücke ist nun durch die Einführung der neuen Vorschriften des § 315d StGB geschlossen worden.

Die Erläuterungen sind zum Teil auch aus der amtlichen Begründung des Gesetzgebers:

(1) Wer im Straßenverkehr
1. ein nicht erlaubtes Kraftfahrzeugrennen ausrichtet oder durchführt,
2. als Kraftfahrzeugführer an einem nicht erlaubten Kraftfahrzeugrennen teilnimmt oder
3. sich als Kraftfahrzeugführer mit nicht angepasster Geschwindigkeit und grob verkehrswidrig und rücksichtslos fortbewegt, um eine höchstmögliche Geschwindigkeit zu erreichen, […]§ 315d Absatz 1 StGB

2. Die drei Fallkonstellationen

Nr. 1 – Rennen ausrichten oder durchführen

Rennen: „Ein Rennen ist demnach ein Wettbewerb oder Wettbewerbsteil zur Erzielung von Höchstgeschwindigkeiten mit Kraftfahrzeugen, bei denen zwischen mindestens zwei Teilnehmern ein Sieger durch Erzielung einer möglichst hohen Geschwindigkeit ermittelt wird, wobei es einer vorherigen Absprache aller Beteiligten nicht bedarf“.

Veranstalter: „Der Veranstalter eines Rennens ist derjenige, der als geistiger und praktischer Urheber, Planer und Veranlasser die Veranstaltung vorbereitet, organisiert oder eigenverantwortlich ins Werk setzt“.

Der Veranstalter legt z.B. die Strecke fest, ist für die Startliste, das Startgeld/Preisgeld verantwortlich, setzt Streckenposten ein und ist letztendlich der Ansprechpartner für die Rennteilnehmer..

Durchführung: „Ein Rennen führt durch, wer vor Ort die Veranstaltung organisiert oder eigenverantwortlich gestaltet.

Problem:

Tätigkeiten, die ausschließlich im Stadium der Durchführung erbracht werden, genügen nicht, um eine Veranstaltereigenschaft zu begründen.

Die Strafbarkeit einer Beteiligung von anderen als den teilnehmenden Kraftfahrzeugführern im Durchführungsstadium und von Hilfspersonen im Vorbereitungsstadium richtet sich nach den allgemeinen Regeln von Täterschaft und Teilnahme.

Genehmigte Rennen:

Wie bisher, soll ausschließlich die Beteiligung an nicht genehmigten Rennen geahndet werden. Damit bleiben Wettbewerbe, für die die zuständigen Stellen auf Antrag nach § 46 Absatz 2 StVO eine Genehmigung erteilt haben, von der Strafdrohung ausgenommen.

Nr. 2 – Am Rennen teilnehmen

  • Wer an einem Rennen teilnimmt, will gewinnen und wird darin bestärkt die Fahr- und Verkehrssicherheit außer Acht zu gelassen.
  • Durch die hohe Geschwindigkeit ist der Verlust der Kontrolle über das Fahrzeuge in unvorhergesehenen Verkehrssituationen sehr wahrscheinlich.
  • Die Aufmerksamkeit wird nicht mehr allein auf den Straßenverkehr gerichtet, sondern notwendigerweise auch auf den Mitkonkurrenten.

Gerade deshalb wird jetzt die Teilnahme an solchen Rennen als Straftat eingestuft.

Nr. 3 – Alleine die höchstmögliche Geschwindigkeit erreichen

Sogenannte „Alleinraser“, die mit ihrem Fahrzeug eine höchstmögliche Geschwindigkeit im öffentlichen Verkehrsraum erreichen wollen.

Nicht angepasste Geschwindigkeit

Hier gibt uns der § 3 StVO Hinweise. Es sollen Unfälle verhindert werden, die durch zu schnelles Fahren verursacht werden können. Die Sicherheit im Straßenverkehr hat Vorrang gegenüber dem raschen Vorwärtskommen.

Der Fahrzeugführer darf nach § 3 Abs. 1 Satz 1 StVO nur so schnell fahren, dass er sein Fahrzeug ständig beherrscht, das heißt, er muss seinen Sorgfaltspflichten genügen können und ständig in der Lage sein, alle Fahrbewegungen sicher auszuführen. Deshalb sind auch im § 3 (3) und § 18 (5) StVO zulässige Höchstgeschwindigkeiten aufgeführt, die nicht überschritten werden dürfen.

Eine weitere Einschränkung ergibt sich aus § 3 Abs. 1 Satz 2 StVO, wonach die Geschwindigkeit zusätzlich den Straßen-, Verkehrs-, Sicht- und Wetterverhältnissen sowie den persönlichen Fähigkeiten und den Eigenschaften von Fahrzeug und Ladung angepasst wird. Nach § 3 (3) StVO beträgt z.B. die zulässige Höchstgeschwindigkeit auch unter günstigsten Umständen innerhalb geschlossener Ortschaften für alle Kraftfahrzeuge 50 km/h. Der Verkehrsteilnehmer, auch Fußgänger, dürfen jedoch nicht darauf vertrauen, dass immer exakt 50 km/h schnell gefahren wird. Mit Geschwindigkeitsüberschreitungen muss gerechnet werden (Einzelfallprüfung).

Grob verkehrswidrig

Der Gesetzgeber schränkt die Strafbarkeit im Katalog der besonders gravierenden Verkehrsverstöße jedoch dadurch ein, dass das Gesetz verlangt, der Täter müsse grob verkehrswidrig und rücksichtslos gehandelt haben. Es handelt sich um zwei selbständige Tatbestandsmerkmale. Während die grobe Verkehrswidrigkeit nach objektiven Kriterien zu beurteilen ist, enthält die Rücksichtslosigkeit ein subjektives Element. Beide Merkmale müssen vorliegen. Der Gesetzgeber hat in § 315d Abs. 1 Nr. 3 StGB die Tatbestandsmerkmale aus § 315c Abs. 1 Nr. 2 StGB übernommen. Wer eine der in dieser Norm aufgezählten Fahrfehler begeht, verstößt in aller Regel schon in grober Weise gegen die Verkehrsregeln.

Rücksichtslos

…handelt, wer sich im Straßenverkehr aus eigensüchtigen Gründen über seine Pflichten hinwegsetzt oder aus Gleichgültigkeit von vornherein keine Bedenken gegen sein Verhalten aufkommen lässt. Rücksichtslos im Sinne der unbewussten Fahrlässigkeit handelt auch, wer sich aus Gleichgültigkeit nicht auf seine Pflichten besinnt und Hemmungen gegen seine Fahrweise gar nicht erst aufkommen lässt, sondern unbekümmert um die Folgen seiner Fahrweise darauf losfährt.

Eigensüchtigkeit

…kann bejaht werden, wenn der Beschuldigte sich gegenüber einem anderen Verkehrsteilnehmer einen Vorteil verschaffen will. Ein Indiz dafür ist z.B., dass der Fahrer es eilig hat und somit aus Gleichgültigkeit oder mangelndem Verantwortungsgefühl jede Rücksichtnahme auf andere VT außer Acht lässt.

Gleichgültigkeit

Zur Abgrenzung eines Augenblickversagens (ich bin nur zu schnell gefahren) zur Gleichgültigkeit seiner Fahrweise muss festgestellt werden, wie viel Zeit dem Fahrer blieb, sich über sein Fahrverhalten Gedanken zu machen. Unter einem „Augenblicksversagen“ kann nur ein sehr kurzfristiges Fehlverhalten bzw. außer Acht lassen der unter den gegebenen Umständen gebotenen Sorgfalt verstanden werden. Ausgangspunkt ist dabei die Verkehrslage zur Tatzeit und das Fahrverhalten des Täters in dieser Verkehrslage. Auch Fahrverstöße während der Fahrt, die vor der eigentlichen Gefährdung begangen wurden, können als Beweisanzeichen für die Gleichgültigkeit herangezogen werden.

Vorsatz

„Wer sich aus eigensüchtigen Gründen, insbesondere um seines ungehinderten Vorwärtskommens wegen, bewusst über seine Pflichten gegenüber anderen Verkehrsteilnehmern hinwegsetzt und einen verkehrswidrigen Erfolg billigend in Kauf nimmt …“ – von dieser inneren Einstellung muss bei Fahrzeugführern, die „rasen“, ausgegangen werden.