§ 315d StGB Qualifikationen (Teil 2)

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Werden bei einem Rennen (§ 315d Absatz 1 Nr. 2 und 3 StGB) Leib und Leben eines Menschen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert gefährdet, soll durch die Einführung eines konkreten Gefährdungsdelikts eine erhöhte Strafandrohung (Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren) gelten.

1. § 315d Absatz 2 StGB

Wer in den Fällen des Absatzes 1 Nummer 2 oder 3 Leib oder Leben eines anderen Menschen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert gefährdet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.§ 315d StGB
1.1 Andere Menschen

Sind alle, die nicht Täter sind. Hier ist auch der Insasse des vom Täter geführten Fahrzeugs, ohne Rücksicht darauf, ob er persönlicher Gast oder Ehegatte ist, gemeint. Der andere muss nicht VT sein, z.B. der Bauer auf dem Feld.

1.2 Fremde Sachen

Die Sache ist fremd, wenn sich nicht im Alleineigentum des Täters steht. Das vom Täter geführte Fahrzeug ist Tatmittel und kann daher nicht gefährdet werden, auch wenn es ihm nicht gehört, z.B. weil er es entwendet hat. Ihm nicht gehörende Ladung oder beförderte Personen können jedoch gefährdet werden. Diese können auch beweglich (Pkw eines anderen) und unbeweglich (Haus oder Gartenzaun) sein.

1.3 Bedeutender Wert

Während die Gefährdung der körperlichen Unversehrtheit immer geeignet ist den Tatbestand der Verkehrsgefährdung zu erfüllen, ist es bei einer fremden Sache erforderlich, dass sie einen bedeutenden Wert hat. Nach der heutigen Rechtsprechung (BGH) liegt der bedeutende Wert einer Sache bei ca. 750 Euro. Hier sei nochmals auf den Aufbau des Tatbestands hingewiesen.

Ein fremder Sachschaden von 750 Euro muss nicht tatsächlich eingetreten sein. Es genügt die bloße Gefährdung der Sache.

So wird die Gefährdung in dieser Höhe z.B. bei einem „Beinaheunfall“ mit dem Gegenverkehr beim Abbiegen (§ 9 Abs. 3 StVO) zu bejahen sein. Ist kein oder nur ein leichter Schaden entstanden, so muss festgestellt werden, ob durch die Fahrweise des Täters über diesen hinaus eine Person oder eine Sache von bedeutendem Wert gefährdet worden ist. Ein größerer Schaden also nur durch glückliche Umstände oder Maßnahmen des Gefährdeten (Pkw-Fahrer weicht aus und leitet eine Vollbremsung ein) abgewendet wurde. Es ist zu prüfen, ob die Sache im Gesamten in Gefahr war und einen bedeutenden Wert i.S.d. Vorschrift darstellt

1.4 Konkrete Gefährdung

Die Gefahr des Unfalles muss in bedrohliche Nähe gerückt sein. Eine konkrete Gefahr droht, wenn nicht mehr beeinflussbare Kräfte so unmittelbar einzuwirken drohen, dass der Schadenseintritt wahrscheinlicher ist als dessen Ausbleiben und mehr oder weniger nur noch vom Zufall abhängt („Beinaheunfall“).

Faustregel: Wer durch seine eigene schnelle Reaktion den Schaden verhindern konnte, war gefährdet (OLG Stuttgart) „Beinahe wär`s passiert.

1.5 Kausalität “und dadurch”

Die pflichtwidrigen Verhaltensweisen müssen ursächlich für den Eintritt der konkreten Gefahr gewesen sein und es muss ein räumlicher und zeitlicher Zusammenhang bestehen. Der subjektive Tatbestand verlangt vorsätzliches Handeln hinsichtlich der Führung des Fahrzeuges, der tatbestandsmäßigen Handlung und der Gefährdung von Menschen und Sachen.

 2. § 315d Absatz 3 StGB

Der Versuch ist in den Fällen des Absatzes 1 Nummer 1 (Rennen veranstalten) strafbar.§ 315d StGB

3. § 315d Absatz 4 StGB

Wer in den Fällen des Absatzes 2 (grob verkehrswidrig und rücksichtslos) die Gefahr fahrlässig verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.§ 315d StGB

4.  § 315d Absatz 5 StGB

Verursacht der Täter in den Fällen des Absatzes 2 (grob verkehrswidrig und rücksichtslos) durch die Tat den Tod oder eine schwere Gesundheitsschädigung eines anderen Menschen oder eine Gesundheitsschädigung einer großen Zahl von Menschen, so ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren.§ 315d StGB

Für schwerste Fälle, in denen die Tat zum Tode oder zu erheblichen Schäden an der Gesundheit anderer Menschen führt, ist in § 315d Abs. 5 StGB ein Verbrechenstatbestand vorgesehen, d. h., dass eine Mindeststrafe von einem Jahr droht. Die Höchststrafe soll dann zehn Jahre betragen. In minder schweren Fällen kann ausnahmsweise eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren verhängt werden.

4.1 Tötung eines Menschen oder schwere Gesundheitsschädigung eines Menschen

Danach umfasst der Begriff der schweren Gesundheitsschädigung neben der schweren Körperverletzung insbesondere auch langwierige ernsthafte Erkrankungen sowie den Verlust oder eine erhebliche Einschränkung im Gebrauch der Sinne, des Körpers und der Arbeitsfähigkeit.

4.1.2 § 226 StGB Schwere Körperverletzung
Hat die Körperverletzung zur Folge, daß die verletzte Person

1.das Sehvermögen auf einem Auge oder beiden Augen, das Gehör, das Sprechvermögen oder die Fortpflanzungsfähigkeit verliert,
2. ein wichtiges Glied des Körpers verliert oder dauernd nicht mehr gebrauchen kann oder
3. in erheblicher Weise dauernd entstellt wird oder in Siechtum, Lähmung oder geistige Krankheit oder Behinderung verfällt,

so ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren§ 226 StGB

4.2 Gesundheitsschädigung einer großen Zahl von Menschen
4.2.1 Gesundheitsschädigung

Eine Gesundheitsschädigung ist das Hervorrufen oder Steigern eines vom Normalzustand der körperlichen Funktionen des Opfers nachteilig abweichenden krankhaften Zustandes körperlicher oder seelischer Art. Es genügt, wenn dieser Zustand vorübergehender Natur ist.

4.2.2 Große Zahl

Was unter einer „großen Zahl“ von Menschen im Sinne dieser Vorschrift zu verstehen ist, wird unterschiedlich bewertet. Im Falle des § 306b StGB (Besonders schwere Brandstiftung) hat der BGH entschieden, dass 14 Menschen ausreichend sind, um den Tatbestand zu erfüllen.

Anders im Falle des § 263 StGB (Betrug), hier spricht man von einer „großen Zahl“, wenn zwischen 14 und 20 Personen betrogen wurden.

Meiner Meinung nach müsste man schon bei 10 Personen von einer „große Zahl“ von Menschen sprechen können, da dies auch u.U. als Menschenmenge (siehe unten) angesehen werden kann.

Beispiel: Der Pkw-Fahrer kommt von der Fahrbahn ab, fährt auf den Gehweg und verletzt 10 Personen, die in einem Straßencafe sitzen oder in einer Schlange vor dem Kino stehen.

4.2.3 Zum Vergleich „die Menschenmenge“ bei Landfriedensbruch

Der BGH hat den Begriff der Menschenmenge im Sinne des § 125 StGB (Landfriedensbruch) als eine nicht notwendigerweise ungezählte, aber doch so große Personenmehrheit bezeichnet, dass die Zahl nicht sofort überschaubar ist. Der zur Menschenmenge gehörende Personenkreis muss so groß sein, dass es auf das Hinzukommen oder Weggehen eines einzelnen Menschen – und zwar aus Sicht der Außenstehenden – nicht mehr ankommt.

Wesentlich ist, dass die Personen einen solchen räumlichen Zusammenhang herstellen, dass bei Außenstehenden die Vorstellung einer Menschenmenge als räumlich verbundenes Ganzes entsteht.

Zur Neufassung des § 125 StGB hat der BGH eine Ansammlung von 15 bis 20 Personen als ausreichend angesehen. Dieser Entscheidung ist nicht die Festlegung einer Untergrenze zu entnehmen.

Eine Gruppe von zehn Personen kann jedenfalls ausreichen, wenn besondere Umstände – etwa die auf die räumliche Enge zurückzuführende Unübersichtlichkeit – es für den Außenstehenden unmöglich machen, die Größe der Menge und die von ihr ausgehende Gefahr zu erfassen.

Eine Gruppe von zehn Personen reicht daher als solche zur Annahme einer Menschenmenge noch nicht aus, es sei denn, es kämen eine besondere Unübersichtlichkeit am Tatort oder sonstige besondere Umstände hinzu.

5. Entzug der Fahrerlaubnius

Außerdem soll i. d. R. die Fahrerlaubnis entzogen und eine Sperrfrist verhängt werden. Dazu wird das verbotene Kraftfahrzeugrennen zum Katalog der Regelbeispiele in § 69 StGB hinzugefügt werden.

Ist die rechtswidrige Tat in den Fällen des Absatzes 1 ein Vergehen

1. der Gefährdung des Straßenverkehrs (§ 315c),
1a. des verbotenen Kraftfahrzeugrennens (§ 315d),
2. der Trunkenheit im Verkehr (§ 316),
3. des unerlaubten Entfernens vom Unfallort (§ 142), obwohl der Täter weiß oder wissen kann, daß bei dem Unfall ein Mensch getötet oder nicht unerheblich verletzt worden oder an fremden Sachen bedeutender Schaden entstanden ist, oder
4. des Vollrausches (§ 323a), der sich auf eine der Taten nach den Nummern 1 bis 3 bezieht,

so ist der Täter in der Regel als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen anzusehen.§ 69 Abs. 2 Nr. 1a StGB

6. Einziehung § 315f StGB

Kraftfahrzeuge, auf die sich eine Tat nach § 315d Absatz 1 Nummer 2 oder Nummer 3, Absatz 2, 4 oder 5 bezieht, können eingezogen werden. § 74a ist anzuwenden.
6.1 § 74 Einziehung von Tatprodukten, Tatmitteln und Tatobjekten bei Tätern und Teilnehmern
(1) Gegenstände, die durch eine vorsätzliche Tat hervorgebracht (Tatprodukte) oder zu ihrer Begehung oder Vorbereitung gebraucht worden oder bestimmt gewesen sind (Tatmittel), können eingezogen werden.

(2) Gegenstände, auf die sich eine Straftat bezieht (Tatobjekte), unterliegen der Einziehung nach der Maßgabe besonderer Vorschriften.

(3) Die Einziehung ist nur zulässig, wenn die Gegenstände zur Zeit der Entscheidung dem Täter oder Teilnehmer gehören oder zustehen. Das gilt auch für die Einziehung, die durch eine besondere Vorschrift über Absatz 1 hinaus vorgeschrieben oder zugelassen ist.§ 74 StGB

6.2 § 74a Einziehung von Tatprodukten, Tatmitteln und Tatobjekten bei anderen
Verweist ein Gesetz auf diese Vorschrift, können Gegenstände abweichend von § 74 Absatz 3 auch dann eingezogen werden, wenn derjenige, dem sie zur Zeit der Entscheidung gehören oder zustehen,
1. mindestens leichtfertig dazu beigetragen hat, dass sie als Tatmittel verwendet worden oder Tatobjekt gewesen sind, oder
2. sie in Kenntnis der Umstände, welche die Einziehung zugelassen hätten, in verwerflicher Weise erworben hat.
§ 74a StGB