Todsünden – § 315c StGB – Falsches Überholen
In den nächsten Beiträgen beschäftigen wir uns mit den Tatvarianten des § 315c StGB (Todsünden). Zunächst werden die jeweils gleichbleibenden Tatbestandsmerkmale abgehandelt, bevor wir uns dann mit den wichtigsten Begehungsweisen (Buchstaben a-d) befassen.
1. Gleichbleibender Tatbestand
Der Gesetzgeber hat im § 315 c Abs. 1 Nr. 2 StGB besonders schwere Verkehrsverstöße unter Strafe gestellt, jedoch nur dann, wenn der Täter grob verkehrswidrig und rücksichtslos gehandelt hat und eine Gefahrensituation für andere VT gegeben war.
1.1 Grobe Verkehrswidrigkeit und Rücksichtslosigkeit
Die Missachtung eines Verkehrszeichens kann aus momentaner Unachtsamkeit (Augenblickversagen) heraus geschehen.
Missachtung mehrerer Denkanstöße hintereinander kann auf eine gleichgültige Einstellung und Nachlässigkeit hinweisen
Einzelbeispiel Überholen: Mehrere VZ, die ein Überholverbot ankündigen:
Zeichen 105 Doppelkurve mit Zusatzzeichen 4 km Länge, Zeichen 276 Überholverbot mit Zusatzzeichen nach 1 km, Zeichen 295 durchgezogene Linie und dann Zeichen 276).
1.2 Konkrete Gefährdung
2. Tatvarianten
b) falsch überholt oder sonst bei Überholvorgängen falsch fährt
Grundlagen zum Überholen
Überholen Definition ist ein Vorbeifahren von hinten nach vorn an einem anderen Verkehrsteilnehmer, der sich auf derselben Fahrbahn in dieselbe Richtung bewegt oder verkehrsbedingt wartet./
Nicht nur Fahrzeuge, sondern auch Fußgänger, welche die Fahrbahn benutzen werden überholt.
Warten. DefinitionVerkehrsteilnehmer, welche durch die Verkehrslage oder eine Anordnung aufgehalten werden, warten./
Überholt werden daher auch wartende Fahrzeuge, deren Fahrzeugführer die Fahrt
- vor Lichtzeichenanlagen
- an Vorfahrtstraßen
- in einem Stau unterbrechen.
Dies gilt auch bei
- Bussen und Straßenbahnen, die an einer Haltestelle halten
- liegengebliebenen Fahrzeugen oder
- einem Fahrzeug, das vor einer Toreinfahrt auf die Öffnung des Tores wartet.
Wer sein Fahrzeug bewusst zum Stillstand bringt, also i.S.d. § 12 StVO hält oder parkt, wird nicht überholt. An diesen Fahrzeugen wird gem. § 6 StVO vorbeigefahren.
Ein Fahrzeug, das mit nur noch ganz geringer Geschwindigkeit zum Anhalten an den Straßenrand heranfährt, wird ebenfalls nicht überholt.
Das Überholen beginnt mit dem Ausscheren auf die linke Fahrbahnhälfte oder Überholspur.
Ist der Überholende schon links gefahren, beginnt das Überholen mit der Verkürzung des Sicherheitsabstandes mit Überholgeschwindigkeit in Überholabsicht.
Wer zum Zwecke der Prüfung, ob die Verkehrslage ein Überholen zulässt, leicht links versetzt fährt, überholt noch nicht. Dies gilt für alle Fahrzeuge, auch für Radfahrer untereinander. Beendet wird der Überholvorgang mit dem Einscheren nach rechts mit genügendem Sicherheitsabstand.
Falsches Überholen liegt vor, bei (nicht abschließend)
- § 5 (1) StVO – verbotenem Rechtsüberholen
- § 5 (1), 2 (1) StVO – Überholen auf der Standspur der BAB (erweiterter Überholbegriff)
- § 7 (2), 2a StVO – Rechtsüberholen von Fahrzeugschlangen
- § 5 (2) StVO – Überholen an unübersichtlicher Stelle (Kuppe, Kurve)
- § 5 (2) StVO – Überholen mit zu geringer Geschwindigkeitsdifferenz
- § 5 (3) StVO – Überholen trotz unklarer Verkehrslage
- § 5 (3) StVO – Überholen trotz Zeichen 276, 277
- § 5 (4) StVO – Nichtbeachten des nachfolgenden Verkehrs
- §§ 5 (4), 4 (1) StVO – Überholen mit unzureichenden Abständen Kolonnenspringen mit Hineinzwängen, Schneiden beim Einordnen nach rechts
- § 5 (4) StVO – verbotener Geschwindigkeitserhöhung z.B. um Einscheren zu verhindern