Rote Kennzeichen – OWis und Straftaten
Anhang | Checkliste für den täglichen Dienst
Die nachfolgenden Tabellen wurden zwar für die mobile Darstellung optimiert, sind aber auf kleinen Bildschirmen schwerer lesbar. Auf Grund der Fülle an Informationen empfehlen wir das Lesen an einem PC.
Titelbild: An der zweiten Ziffernstelle steht entweder eine 6 (Kfz-Betriebe und Händler) oder eine 7 (Oldtimer).
Stand: 15.12.2017
Mit diesem Beitrag beginnen wir eine vierteilige Beitragsreihe zum § 16 und § 16a FZV. § 16 FZV regelt die Teilnahme am Straßenverkehr mit roten Kennzeichen lässt aber gleichzeitig viel Raum für Missbrauch.
Die Checkliste zur Kontrolle findet sich auch in meinem Buch Überprüfung von Fahrzeugen und Fahrzeugführern, 12. Auflage* auf den Seiten 92 bis 95.
1. Änderungen ab dem 01.04.2015
Mit der Trennung von roten Kennzeichen (§ 16 FZV) und Kurzzeitkennzeichen (§ 16a FZV) wurden im § 16 FZV lediglich redaktionelle Änderungen vorgenommen.
2. Fahrtzwecke – Änderungen ab dem 01.10.2017
Diese und sonstige wichtige Änderungen und Ergänzungen haben wir in roter Schrift/ Überschrift kenntlich gemacht.
Die Nutzung ist bei roten Kennzeichen nur für Prüfungs-, Probe- und Überführungsfahrten erlaubt. Diese Fahrzwecke bleiben auch mit der Änderung in 2017 erhalten. Die nachfolgenden Definitionen finden sich in § 2 Nr. 23 ff. FZV.
Teil 3 widmet sich als gesonderer Beitrag ausführlich der Auslegung von Probe-, Prüfungs- und Überführungsfahrten.
Mit der 3. VO zur Änderung straßenrechtlicher Vorschriften vom 01.10.2017 wird die Erlaubnis erweitert. Es dürfen nunmehr nicht nur Prüfungs-, Probe- und Überführungsfahrten durchgeführt werden, sondern auch Fahrten, die für die Betriebsfähigkeit des Fahrzeugs notwendig sind (sog. „notwendige Fahrten“).
Zusätzliche Fahrten zur Erhaltung der Betriebsfähigkeit
Der Verwendungszwecke des roten Kennzeichens nach § 16 FZV (sog. Händlerkennzeichen) wird nun auch auf Fahrten ausgeweitet, die der Herstellung oder der Erhaltung der Betriebsfähigkeit der Fahrzeuge dienen.
Das Tanken und die Außenreinigung zur Vorbereitung von Prüfungs-, Probe- und Überführungsfahrten. Die Außenreinigung gewährleistet u. a. auch das Reinigen von Sensoren für einen sicheren Fahrzeugbetrieb. Solche Fahrten können nun auch den einzigen Anlass einer Fahrt bilden, sofern sie im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit einer Prüfungs-, Probe- und Überführungsfahrt stehen und direkt durch sie veranlasst sind.
Zusätzliche Fahrten, Reparaturarbeiten
Wie schon bei Oldtimern sollen nun auch Fahrten zum Zwecke der Reparatur und Wartung zulässig sein. Hierunter fallen u. a. Fahrten zur Beibehaltung der technischen Einsatzfähigkeit und für Maßnahmen der vorbeugenden Instandhaltung, z. B. Nachfüllen von Betriebsstoffen oder zur Vermeidung von Verschleißerscheinungen.
Die Fahrten müssen notwendig sein. Dies ist gegeben, wenn sie zur nächstgelegenen geeigneten Einrichtung erfolgen und auf direktem Wege durchgeführt werden.
Zusammenfassend ist die Nutzung bei roten Kennzeichen nun in folgenden Fällen erlaubt:
- Prüfungsfahrten
- Probefahrten
- Überführungsfahrten und
- notwendige Fahrten
- zum Tanken
- zur Außenreinigung in Zusammenhang mit Probe-, Prüfungs-, Überführungsfahrten sowie
- notwendige Fahrten zum Zwecke der Reparatur oder Wartung (vgl. Abs. 1).
Auch Fahrzeuge mit Saisonkennzeichen oder Wechselkennzeichen dürfen rote Kennzeichen führen, jedoch müssen Saison- oder Wechselkennzeichen vorher entfernt werden, da nur eine Kennzeichenart am Fahrzeug angebracht sein darf.
3. Gängige Fallkonstellationen:
3.1 Benutzung für andere als o.g. Zwecke
Beispiel: Man tätigt Einkäufe oder fährt zur Arbeitsstelle.
Kennzeichenmissbrauch | Nein, da eine Halterfeststellung möglich ist und der Schutzzweck des § 22 StVG nicht berührt wird. Nach herrschender Meinung liegt kein Verstoß vor, da das Kennzeichen für das entsprechende Fzg ausgegeben wurde und der Fahrer das Kennzeichen nicht manipuliert hat, um die Feststellung seiner Identität zu verhindern. |
Steuerhinterziehung1 | Ja, nach § 370 (1) Nr. 2 AO. Das Fahrzeug wird widerrechtlich benutzt, da es keine Zulassung hat (§ 2 (5) KraftStG). Somit unterliegt es der Steuerpflicht nach § 1 (1) Nr. 3 KraftStG. |
Versicherungsbetrug | Nein, da Versicherungsvertrag vorhanden. |
Fahren ohne Zulassung | Ja, da das Fzg zweckentfremdet benutzt wird. OWi nach § 3 (1) FZV bei zulassungspflichtigen Fzg und § 4 (1) FZV bei zulassungsfreien Fzg. |
Andere OWis | Ja, Sondernutzung (z.B. nach § 16 StrGBW), da das Fzg nicht zugelassen ist. |
3.2 Nur ein Kennzeichen am Fzg angebracht
Hier muss unterschieden werden, ob das zweite Kennzeichen nur aus Vergesslichkeit (Unachtsamkeit) oder vorsätzlich nicht angebracht wurde.
Kennzeichenmissbrauch |
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Steuerhinterziehung1 |
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Versicherungsbetrug | Nein, da Versicherungsvertrag vorhanden. |
Fahren ohne Zulassung |
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Andere OWis | Ja, da beide Kennzeichen am Fzg angebracht sein müssen, §§ 16 (5), 10 (12) FZV. Ja, Sondernutzung (z.B. nach § 16 StrGBW), da das Fzg nicht zugelassen ist. |
3.3 ungültige/ verloren gemeldete Kennzeichen angebracht
Kennzeichenmissbrauch | Ja, wenn ungültige Kennzeichen angebracht werden ODER wenn die Kennzeichen bei der Behörde als verloren gemeldet wurden und danach wieder angebracht werden. |
Steuerhinterziehung1 | Ja, nach § 370 (1) Nr. 2 AO. Das Fahrzeug wird widerrechtlich benutzt, da es keine Zulassung hat (§ 2 (5) KraftStG). Somit unterliegt es der Steuerpflicht nach § 1 (1) Nr. 3 KraftStG. |
Versicherungsbetrug | Ja, nach §§ 1, 6 PflVG, wenn Versicherungsschutz abgelaufen ist. Muss bei der Versicherung bzw. dem Landratsamt ermittelt werden. |
Fahren ohne Zulassung | Ja, OWi nach § 3 (1) FZV bei zulassungspflichtigen Fzg und § 4 (1) FZV bei zulassungsfreien Fzg. |
Andere OWis | Ja, Sondernutzung (z.B. nach § 16 StrGBW), da das Fzg nicht zugelassen ist. |
3.4 Eintragung in das Fahrzeugscheinheft nicht ordnungsgemäß
Kennzeichenmissbrauch | Nein, da eine Halterfeststellung möglich ist und der Schutzzweck des § 22 StVG nicht berührt wird. Nach herrschender Meinung liegt kein Verstoß vor, da das Kennzeichen für das entsprechende Fzg ausgegeben wurde und der Fahrer das Kennzeichen nicht manipuliert hat, um die Feststellung seiner Identität zu verhindern. |
Steuerhinterziehung1 | Nein |
Versicherungsbetrug | Nein |
Fahren ohne Zulassung | Nein, die Zulassung erfolgt durch die Anbringung der Kennzeichen am Fahrzeug und nicht durch Eintragung im Fahrzeugscheinheft. |
Andere OWis | Ja, nach § 16 (2) FZV. |
3.5 Steuerhinterziehung:
Am 12.7 2017 gab es eine Änderung in der KraftStDV, Abschnitt 4, Widerrechtliche Benutzung
Bei widerrechtlicher Benutzung nach § 2 Absatz 5 des Gesetzes hat die Person, die das Fahrzeug im Inland benutzt, unverzüglich eine Steuererklärung nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck beim zuständigen Hauptzollamt abzugeben.
§ 15 Abs. 1 KraftStDV Steuererklärung
Ergebnis:
Für inländische Fahrzeuge muss nach § 3 der KraftStDV eine Steuererklärung abgegeben werden. Diese Steuererklärung ist für Personen nun auch bei einer widerrechtlichen Benutzung von Fahrzeugen nach § 15 KraftStDV verpflichtend. Kommt die Person dieser Aufforderung nicht nach, begeht er eine Straftat nach § 370 Absatz 1 Nr. 2 AO, da er die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt.
3.6 Fahrzeugscheinheft, zusätzliche Aufzeichnungen nach § 16 FZV.
Beachte: Bei der Fahrt mit roten Kennzeichen muss ein Fahrzeugscheinheft mitgeführt werden (siehe Anlage 9 zur FZV). Darüber hinaus muss der Händler für jede durchgeführte Fahrt weitere Aufzeichnungen tätigen und ein Jahr lang aufbewahren (siehe § 16 Abs. 2 FZV).
Inhalt der weiteren Aufzeichnungen:
- verwendete Kennzeichen
- Datum der Fahrt, deren Beginn und Ende
- Fahrzeugführer mit dessen Anschrift
- Fahrzeugklasse und der Hersteller des Fahrzeugs
- Fahrzeug-Identifizierungsnummer
- Fahrtstrecke
4. Verfolgung von Owis nach § 3 FZV oder § 16 FZV?
4.1 Müssen die Verstöße nach § 3 FZV angezeigt werden?
Dazu OLG Düsseldorf, Beschl. v. 16.09.2011 – IV – 3 RBs 149/11, Zusammenfassung:
Die Notwendigkeit einer Zulassung bei nicht privilegierten Fahrten folgt nunmehr aus § 3 Abs. 1 Satz 1 FZV
Der Verstoß gegen § 3 Abs. 1 Satz 1 FZV ist nach § 48 Nr. 1 lit. a FZV ordnungswidrig.
4.1.1 Beispiel: andere Zwecke
Wenn ein Gebrauchtwagenhändler den Pkw für andere Zwecke benutzt oder es zulässt, wird er immer nach § 3 FZV angezeigt.
Somit wird, wie das Urteil es auch besagt, nach § 3 FZV angezeigt.
4.2 Müssen folgende Verstöße nach § 16 FZV angezeigt werden?
Dazu das BayOLG, zuletzt 07.11.2002, Az. 1 St RR 109/02:
Zusammenfassung: Die Zulassung erfolgt durch das Anbringen des Kennzeichens am Fahrzeug.
4.2.1 Beispiel: ohne Kennzeichen
Der Inhaber einer Kfz-Werkstatt führt eine Fahrt durch obwohl die roten Kennzeichen nicht angebracht sind. Nach der Tatbestandsnummer 816612 muss nach § 16 FZV angezeigt werden.
Da aber das Fahrzeug ohne Kennzeichen keine Zulassung hat, ist ein Verstoß nach § 3 FZV (Tateinheit mit § 16 FZV) gegeben. Somit wäre diese Tatbestandsnummer des § 16 FZV überflüssig, wird aber tateinheitlich mit angezeigt.
4.2.2 Beispiel: ohne Kennzeichen angeordnet
Der Mitarbeiter einer Kfz-Werkstatt führt die Fahrt durch, die durch den Chef angeordnet wurde. Nach der Tatbestandsnummer 816500 muss nach § 16 FZV angezeigt werden.
Da aber das Fahrzeug ohne Kennzeichen keine Zulassung hat, ist ein Verstoß nach § 3 FZV (Tateinheit mit § 16 FZV) gegeben. Somit wäre diese Tatbestandsnummer des § 16 FZV überflüssig, wird aber tateinheitlich mit angezeigt.
Beachte – Urkundenfälschung: Mit roten Kennzeichen kann keine Urkundenfälschung verwirklicht werden.
Rote Kennzeichen stellen durch den Stempel der Zulassungsstelle – auch nach Anbringung am Fzg – keine (zusammengesetzte) Urkunde dar, da diese Verbindung nicht auf Dauer ausgelegt ist.
Fußnote 1 – Steuerhinterziehung: Fahrzeuge mit roten Kennzeichen, unterliegen nach § 1 (1) Nr. 4 KraftStG der Steuerpflicht. Ausnahme: Prüfungsfahrten. Liegt eine widerrechtliche Benutzung vor, muss nach § 1 (1) Nr. 3 KraftStG angezeigt werden. Eine widerrechtliche Benutzung liegt vor, wenn das Fahrzeug ohne Zulassung benutzt wird (§ 2 (5) KraftStG).