Cannabis im Straßenverkehr – Medikamentenprivileg § 24a StVG
Kann es tatsächlich vorkommen, dass ein Verkehrsteilnehmer unter der Wirkung von Cannabis steht und trotzdem außerhalb jeder Strafverfolgung ein (Kraft-)Fahrzeug führen darf?
1. Der § 24a StVG
Der § 24a StVG verbietet in Absatz 2 das Führen von Kfz unter der Wirkung von berauschenden Mitteln (Anlage), ohne dass Ausfallerscheinungen festgestellt werden. Ein Verstoß liegt vor, sofern ausreichend THC im Blut nachgewiesen wird (analytische Grenzwerte).
Nun zeigt Ihnen der VT eine Erlaubnis zum Verkehr mit BtM gem. § 3 (2) BtMG.
Durch die Erlaubnis sieht sich der VT im Recht unter der Ausnahme des Medikamentenprivilegs (MP) gem. § 24a (2) S. 3 StVG ein Kfz zu führen.
2. Medikamentenprivileg
Das MP schließt eine Ahndung aus und knüpft dies an drei Kriterien:
Das Medikament wurde für einen konkreten Krankheitsfall durch einen Arzt verschrieben und ist zudem bestimmungsgemäß eingenommen worden.
Auf der Erlaubnis ist ein bestimmter Arzt angegeben, der diese zur Selbsttherapie beantragt hat. Somit ist bei Vorliegen einer Erlaubnis eine Verschreibung für eine bestimmte Krankheit gegeben.
Weiterhin offen bleibt die bestimmungsgemäße Einnahme.
Die Erlaubnis wird zur Selbsttherapie ausgestellt, d.h. der Erwerb und Konsum in der angegebenen Dosis erfolgt nicht durch den Arzt in dessen Praxis, sondern durch den Patient selbst. Der Patient hat Zugriff auf den Stoff und führt diesen oft auch mit.
2.1 Bestimmungsgemäße Einnahme
Sobald sich der Patient nicht an die Dosierungsangabe, Art der Anwendung oder Sorte hält, ist die Einnahme nicht mehr bestimmungsgemäß und das Führen ordnungswidrig. Alle Angaben lassen sich aus der Erlaubnis herauslesen. Siehe unten „Erlaubnis“.
Ein Patient in einem mir bekannten Fall, erhält in der Apotheke den 4-Wochen-Bedarf auf einmal, um ständige Apothekenbesuche zu reduzieren.
Es kann demnach nicht festgestellt werden, ob sich der Patient an die maximale Tagesdosis hält, mehr als diese konsumiert oder gar illegal erworbenes Cannabis zusätzlich konsumiert.
2.2 Beweisfeststellung
Auf die Anordnung einer Blutentnahme ist hinzuwirken, um die bestimmungsgemäße Einnahme zu überprüfen. Bei der Schilderung des Sachverhalts sollte die anordnende Stelle besonders auf den Umstand des MP, die vorliegende Erlaubnis und nachfolgend dargestellte Verdachtsmomente hingewiesen werden.
2.3 Verdachtsmomente
- Wird der Stoff mitgeführt?
- Entspricht mitgeführter Stoff der Erlaubnis? (Etikett Medikamentendose)
- Wird die Form des Stoffes eingehalten? (Blütenform erlaubt, führt aber Haschischplatte
mit) - Ist der Erwerb hinsichtlich des Erlaubnisdatums bereits gestattet? (VT führt Stoff schon mit sich, obwohl Erlaubnisdatum in der Zukunft liegt)
Nachträglich sollten Ermittlungen bei der angegebenen Apotheke durchgeführt werden, um nachzuprüfen, ob der Stoff rechtmäßig erworben wurde. Falls nicht, liegt anderweitiger Erwerb nahe, was in der Anzeige dokumentiert werden sollte.
3. Weitere Vorschriften
Eine Ahndung gem. §§ 315c, 316 StGB – bei entsprechendem objektiven Tatbestand – bleibt davon unberührt, da in diesen Fällen kein MP vorgesehen ist.
Zudem ist eine Meldung gem. § 2 (12) StVG an die zuständige Fahrerlaubnisbehörde zu fertigen. Auch bei dauerhafter medizinischer Einnahme sollte die Eignung überprüft werden. Anordnende und damit kostentragende Stelle für dieses Sachverständigengutachten ist die Fahrerlaubnisbehörde.
4. Erlaubnis
4.1 Wie sieht eine Erlaubnis aus und was wird vorgegeben?
- BtM-Nummer
- Betreuender Arzt
- Name des Patienten
- Genaue Angabe des Stoffes (Sorte, Abgabeform, Konzentration)
- Ausgebende Apotheke
- Dosierungsangaben
Zwei Dokumente müssen zur Gültigkeit vorliegen. Die Erlaubnis selbst sowie die Erklärung des betreuenden/begleitenden Arztes (bfarm.de).
4.2 Wie oft kommt eine Erlaubnis vor?
Mit Stand März 2013 wurden seit 2008 deutschlandweit 173 solcher Ausnahmeerlaubnisse bzgl. Cannabis erteilt.