Anschnallpflicht bei Kindern und Jugendlichen

Gurt festhalten

1. Kinder nicht angeschnallt

Das OWiG kennt dieselben Altersgrenzen für die Strafmündigkeit wie das StGB. Nach § 12 OWiG ist nur derjenige verantwortlich, der auch vorwerfbar handelt.

Nicht vorwerfbar handelt demnach, wer bei Begehung einer Handlung noch nicht 14 Jahre alt ist (Kind). Somit dürfen Kinder nicht verwarnt werden.

Beispiele Kinder:

  • Ist ein Kind nicht angeschnallt, richten sich unsere Maßnahmen grundsätzlich gegen den Fahrzeugführer.
  • Im Einzelfall auch gegen einen verantwortlichen Mitfahrer (z.B. Elternteil), der mit dem Kind auf dem Rücksitz befördert wird. Dies ist in der Anzeige zu begründen.
  • Die Ahndung erfolgt nach § 21 StVO.
  • Beachte: Der Tatbestandskatalog sieht je zwei Tatbestände vor (jeweils für ein Kind oder mehrere Kinder):
    • TBNr. 121118 – Sie nahmen in einem Kraftfahrzeug ein Kind mit, ohne für die vorschriftsmäßige Sicherung zu sorgen.
    • TBNr. 121600 – Sie beförderten als Kraftfahrzeugführer ein Kind ohne jede Sicherung /sorgten als Verantwortlicher nicht für eine Sicherung des Kindes *).

Siehe hierzu auch das OLG Hamm über die Pflichten des Fahrers bei der Beförderung von Kindern. Diese können im Extremfall soweit gehen, dass der Fahrzeugführer eine Fahrtstrecke wählen muss, die ein regelmäßiges Umsehen und sofortiges Anhalten ermöglicht.

Leitsatz OLG Hamm

1. Zum Schutz von Kindern sowie der allgemeinen Verkehrssicherheit ist die strikte Einhaltung von Sicherungsvorschriften von Kindern erforderlich. Jeder Fahrer muss dafür Sorge tragen, dass ein mitfahrendes Kind während der gesamten Fahrt ausreichend gesichert ist und auch bleibt.
2. Einem Kind im Alter von 4 Jahren kann man in der Regel verständlich machen, welche Gefahren und welche Folgen eintreten können, wenn es sich während einer Fahrt abschnallt. Ebenfalls ist ein Kind in dem Alter in der Lage, das deshalb ausgesprochende Verbot, sich während der gesamten Fahrt abzuschnallen und die Ankündigung ernstzunehmender Konsequenzen bei Missachtung dieses Verbots zu verstehen, zu akzeptieren und zu befolgen. Der Fahrer muss ein solches Verbot mit Nachdruck aussprechen.
3. Die Pflicht des Kfz-Führers, während der gesamten Fahrt dafür Sorge zu tragen, dass ein im Kfz befördertes Kind vorschriftsmäßig gesichert ist und es auch bleibt, ergibt sich aus § 23 Abs. 1 Satz 2 StVO i.V.m. § 3 Abs. 2a StVO.
4. Im Einzelfall kann ein Kfz-Führer sogar gehalten sein, seine Route derart zu wählen, dass er ausschließlich Straßen befährt, auf denen ein regelmäßiges Umsehen nach dem Kind und ein sofortiges Anhalten möglich ist. Ausnahmsweise kann er sogar gehalten sein, die ständige Kontrolle des beförderten Kindes durch Mitnahme einer Begleitperson zu gewährleisten.OLG Hamm, 05.11.13, Az. 5 RBs 153/13

2. Jugendliche nicht angeschnallt

Ein Jugendlicher (14 bis 18 Jahre) handelt nur unter den Voraussetzungen des JGG vorwerfbar, also dann, wenn er zur Zeit der Tat nach seiner sittlichen und geistigen Entwicklung reif genug ist, das Unrecht der Tat einzusehen und nach dieser Einsicht zu handeln.

Beispiele Jugendliche:

  • Meiner Meinung nach ist sich ein 15-jähriger, der ungesichert mitfährt, durchaus darüber bewusst, einen Fehler begangen zu haben und kann die sich daraus ergebenden Folgen (Verletzungen nach einem Unfall) richtig einschätzen.
  • Soll ein Jugendlicher verwarnt werden, so kann es notwendig sein, Angaben über seine geistige Reife in der Anzeige zu vermerken.
  • Die Ahndung erfolgt wie gewohnt über § 21a StVO.