Neue Verordnung für Elektrokleinst­fahrzeuge (2018)

Hoverboard in Deutschland nicht erlaubt. Bild: Polizeipräsidium Konstanz (http://ots.de/324218)

Darf man in Zukunft Elektrokleinstfahrzeuge bzw. Personal Light Electric Vehicles (kurz: PLEV) im öffentlichen Straßenverkehr benutzen?

Eine Zusammenfassung des derzeitigen Stands.

Elektrokleinstfahrzeuge wie E-Scooter, Hoverboard, E-Longboards und City-Wheels sind praktisch, sie wiegen nur ein paar Kilogramm, sind leise, wendig, leicht zu fahren und verpesten nicht die Luft. Eine bessere und schnellere Fortbewegungsmöglichkeit, um vom Bahnhof oder Bushaltestelle zur Arbeit oder nach Hause zu gelangen, gibt es kaum.

Elektrokleinstfahrzeuge oder Personal Light Electric Vehicles (kurz: PLEV)

Das verkehrsrechtliche Problem, das wir derzeit haben, ist in meinen Beiträgen ausführlich beschrieben. Mehr zu den verschiedenen Fahrzeugen dieser Beitragsreihe „Elektrische Fun-Fahrzeuge„.

Kurz zur Erinnerung:

Bei diesen Fahrzeugen handelt es sich verkehrsrechtlich um Kraftfahrzeuge, für die man eine Fahrerlaubnis benötigt. Des Weiteren haben diese Fahrzeuge keine Straßenzulassung und müssen versichert werden.

Die Bundestagsfraktion der Grünen haben am 8.6.2018 eine Kleine Anfrage an das Verkehrsministerium gestellt, um zu erfahren, ob und wann diese Fahrzeuge auf deutschen Straßen erlaubt werden.

Die Vorbemerkungen der Fraktion finden sie nachfolgend (Auszug):

Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen
Elektrokleinstfahrzeuge erfreuen sich wachsender Beliebtheit, werden vielerorts verkauft und sind immer häufiger im öffentlichen Verkehrsraum zu sehen. Sie werden häufig von Kindern und Jugendlichen, jedoch auch von Erwachsenen genutzt.
Elektrokleinstfahrzeuge sind optimal für kurze und mittlere Strecken des Nahbereichs und können durch ihre kompakte Bauweise leicht in Bus und Bahn mitgenommen werden. Sie können daher eine gute Ergänzung im ÖPNV (= öffentlicher Personennahverkehr) und für die „letzte Meile“ sein und damit eine echte Alternative zum Auto darstellen.

Von einem Händler wurde uns berichtet: „Auf jeder Messe gibt es eine Vielzahl von Interessenten, die von sich aus gesagt haben, dass sie für den täglichen Arbeitsweg sofort ihr Auto stehen lassen und stattdessen auf den eScooter und/oder eine Kombination aus eScooter und öffentlichen Nahverkehr umsteigen werden, sobald eine Zulassung vorliegt“.

Die Nutzung wirft zulassungs-, fahrerlaubnis-, genehmigungs- und verhaltensrechtliche Aspekte auf. Elektrokleinstfahrzeuge gelten zwar grundsätzlich nach § 1 Absatz 2 des Straßenverkehrsgesetzes (StVG) als Kraftfahrzeuge, können aber Vorschriften der Straßenverkehrs-Ordnung (StVO), Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO) und der Verordnung über die Zulassung von Fahrzeugen zum Straßenverkehr (FZV) aufgrund ihrer baulichen und technischen Beschaffenheit nicht erfüllen (beispielsweise kann die Erfüllung der Bau- und Betriebsvorschriften bezüglich Sitz, Lenkung, Bremsen, Beleuchtung und Spiegel zweifelhaft sein).
Mit Ausnahme von Segways (§ 1 Absatz 1 der Verordnung über die Teilhabe elektronischer Mobilitätshilfen am Verkehr – MobHV) sind Elektrokleinstfahrzeuge zur Teilnahme am allgemeinen Straßenverkehr weder eigenständig noch gemeinsam gesetzlich geregelt.

Derzeit wird die Nutzung im öffentlichen Raum und auf öffentlichen Straßen als Ordnungswidrigkeit geahndet, die Nutzung ist nur auf privatem Gelände zulässig. Der Bundesrat, aber auch Hersteller und Händler drängen auf klare Regelungen.“

Die Antwort des Verkehrsministeriums erfolgte am 09.07.2018:

Verordnung zu Elektrokleinstfahrzeugen:
Die Verordnung zur Genehmigung von Elektrokleinstfahrzeugen ist derzeit in der Ressortabstimmung.

Das schreibt die Bundesregierung in ihrer Antwort (19/3006) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (19/2620).

Das Inkrafttreten der Verordnung sei für das Jahr 2018 geplant, heißt es in der Antwort weiter. Im Verordnungsentwurf sollen Elektrokleinstfahrzeuge unter anderem mit einer bauartbedingten Höchstgeschwindigkeit von mindestens 12 km/h bis maximal 20 km/h definiert werden, schreibt die Regierung. Die geplante Verordnung über die Teilnahme von Elektrokleinstfahrzeugen am öffentlichen Straßenverkehr beinhalte zulassungs-, fahrerlaubnis-, genehmigungs- und verhaltensrechtliche Aspekte. „Elektrokleinstfahrzeuge sollen zukünftig verkehrsrechtlich wie Fahrräder mit der Maßgabe besonderer Vorschriften behandelt werden“, heißt es in der Vorlage. Für sie werde die neue „Fahrzeugklasse der Elektrokleinstfahrzeuge“ eingerichtet.

Die Verordnung beinhaltet folgende Aspekte, die sich meiner Meinung nach wie folgt auswirken könnten:

1. Fahrerlaubnisrechtliche Aspekte (§§ 5, 6 FeV):

Elektrokleinstfahrzeuge sollen verkehrsrechtlich als Fahrräder eingestuft werden, somit benötigt man keine Prüfbescheinigung oder Führerschein.

Jedoch muss der Geschwindigkeitskorridor (12 bis 20 km/h) beachtet werden, der so erstmals im Verkehrsrecht verwendet werden soll (bisher wurden immer Obergrenzen festgelegt, z.B. 45 km/h beim Kleinkraftrad oder 25 km/h beim Mofa). Dies würde bedeuten, dass schnellere E-Roller und E-Skateboards nicht als Fahrräder eingestuft werden und im öffentlichen Straßenverkehr nicht benutzt werden dürfen, es sei denn es handelt sich verkehrsrechtlich um Kleinkrafträder, für die man dann die FE-Klasse AM, eine Zulassung und Versicherung benötigt.

Warum aber Fahrzeuge mit einer max. Geschwindigkeit bis 12 km/h nicht als Fahrräder eingestuft werden sollen, kann ich im Moment nicht nachvollziehen. Wer kann helfen, haben Sie eine Idee? Schreiben Sie mir.

2. Zulassungsrechtliche Aspekte (§§ 30 ff StVZO):

Es könnte auch, wie beim „Segway“, eine Glocke, lichttechnische Einrichtungen oder Bremsen vorgeschrieben werden. Dies wäre aber nur bei Fahrzeugen möglich, die einen Lenker besitzen (Go-Ped, City-Roller).

Bei Hoverboards oder City-Wheels, die durch Gewichtsverlagerung geführt werden, können bestimmte Einrichtungen wegen der Größe und Beschaffenheit der Fahrzeuge nicht befestigt oder verbaut werden.

Hat dies zur Folge, dass nur Fahrzeuge mit Lenkstange von der Verordnung erfasst werden? Lassen wir uns überraschen.

3. Genehmigungsrechtliche Aspekte (§ 20 StVZO, 4 FZV):

Kraftfahrzeuge mit einer bauartbedingten Höchstgeschwindigkeit von mehr als 6 km/h benötigen eine Zulassung zum Straßenverkehr (Betriebserlaubnis/Einzelgenehmigung).

Die Betriebserlaubnis/Einzelgenehmigung enthält die technischen Daten des Fahrzeugs.

    • Höchstgeschwindigkeit 20 km/h.
    • Wattzahl beträgt max. z.B. 500 Watt.
    • Weitere Voraussetzungen, um eine Zulassung zu bekommen, könnte z.B. die Forderung von Bremsen, Fahrtrichtungsanzeiger oder der Beleuchtung sein.
4. Verhaltensrechtliche Aspekt (§ 2 (4), (5) StVO):

Hier könnte ähnlich wie bei den Segways eine eigene Richtlinie geschaffen werden, die z.B. folgende Forderungen enthält:

  • Innerhalb geschlossener Ortschaften dürfen abweichend von Absatz 1 nur Schutzstreifen, Radfahrstreifen, Radwegefurten und Radwege befahren werden. Wenn solche nicht vorhanden sind, darf auf Fahrbahnen gefahren werden.
    • Es muss einzeln hintereinander gefahren werden. Man darf sich nicht an Fahrzeuge anhängen und nicht freihändig fahren.
    • In Fahrradstraßen darf auch nebeneinander gefahren werden.
    • Soweit keine Fahrtrichtungsanzeiger vorhanden sind, sind Richtungsänderungen durch Handzeichen anzuzeigen.
    • Wer auf anderen Verkehrsflächen als Fahrbahnen fährt, muss seine Geschwindigkeit anpassen. Fußgänger haben Vorrang, sie dürfen weder gefährdet noch behindert werden. Radfahrern ist das Überholen zu ermöglichen.
5. Versicherungsrecht (§ 1 PflichtVG, § 26 FZV):

Wenn die Fahrzeuge als Fahrräder eingestuft werden, benötigt man keine Haftpflichtversicherung, da es sich nicht um ein Kfz handelt.

6. Steuerrecht (§ 2 (1) KraftStG):

Wenn die Fahrzeuge als Fahrräder eingestuft werden, ist man von der Kfz-Steuer befreit, da nur Kraftfahrzeuge dem Steuerrecht unterliegen.

Bilder: Polizeipräsidium Konstanz (Meldung vom 05.04.2016, Presseportal)